Laugavegur – Mit Zelt und Rucksack auf dem spektakulärsten Fernwanderweg Islands

Wie ein Ölgemälde: Der Blick ins Tal von Álftavatn.3

Laugavegur in a Nutshell

Was ist der Laugavegur?

Der Laugevegur ist eine spektakuläre Mehrtageswanderung im Süden von Island. Manch einer bezeichnet ihn gar als einen der schönsten Fernwanderwege der Welt.

Länge, Start- und Zielpunkt

Der Laugavegur ist ca. 55 Kilometer lang. Erwandert wird der Laugevagur von Landmannalaugar bis Þórsmörk. Oder andersherum. Wir starten bewusst in Landmannalaugar, um etwas an Höhenmeter zu sparen.

Dauer

Es gibt tatsächlich einige Verrückte, die den Trek in nur einem Tag absolvieren und sich rühmen dürfen den, sogenannten „Laugavegur Ultra Marathon“ bewältigt zu haben. Manche gehen den Trail in drei Tagen, die meisten in vier. Mehr dazu unter „Hütten, Etappen und Dauer“.

Hütten & Etappen

Die Etappen werden von den Hütten vorgegeben, in und an denen man übernachten kann. Wildcampen jenseits der Hütten ist verboten. Folgende Hütten gibt es: Hrafntinnusker, Álftavatn, Hvanngil, Botnar/Emstur und Þórsmörk (auf beiden Seiten des Flusses). Dadurch ergeben sich folgende Etappen:

  • Landmannalaugar bis Hrafntinnusker: ca. 11km
  • Hrafntinnusker bis Álftavatn: ca. 11km
  • Álftavatn bis Hvanngil: ca. 5km
  • Hvanngil bis Botnar/Emstur: ca. 11km
  • Botnar/Emstur bis Þórsmörk: ca. 15 km

Wir überspringen die dritte Etappe von Álftavatn bis Hvanngil und wandern am 3. Tag direkt nach Botnar/Emstur. Einige Menschen übernachten nicht in Álftavatn, sondern laufen auf der zweiten Etappe noch die 5km bis zum Camp in Hvanngil. Würden wir den Trail noch mal gehen, würden wir vermutlich diese Variante wählen, da uns das Camp in Hvanngil deutlich schöner und weniger windig erscheint als das Camp in Álftavatn.

Höhenprofil

Anreise

Landmannalaugar ist mit dem Fahrzeug über drei verschiedene Routen erreichbar. Über die F26 und die F208 von Norden, über die F208 von Süden oder über den Landmannaleið und dann die F208 von Westen. Sie allen führen auf die F224 und von dort zum Landmannalaugar Camping. Es sind alles anspruchsvolle F-Roads und es muss gefurtet werden. Möglich also nur mit einem Allradfahrzeug und entsprechender Bodenfreiheit. Realistischer, und so machen es die meisten Wanderer: man nimmt den Hochlandbus.

  • Anbieter: Reykjavik Excursions und Trex
  • Start von Reykjavik, Hella, Hvolsvöllur oder Skogar aus
  • Kosten: zwischen 4000ISK und 16600 ISK (One way oder Return)
  • Tipp: bucht den Hiking Pass. So habt ihr die Hin- und Rückfahrt, die ihr individuell an eure Wanderung anpassen könnt. Wir starten und enden in Hella (nach Landmannalaugar und von Þórsmörk) und zahlen (August 2022) 10500,- ISK pro Person 
  • Wichtig! Bucht euren Sitz für die Hin- und Rückfahrt mindestens 48h vor Abreise (auch telefonisch möglich). Nur so ist euch ein Platz im Bus garantiert.

Kosten

Das Zelten in den Camps kostet (Stand: August 2022) 2500 ISK/Person. Die Hüttenübernachtung ist deutlich teurer und muss mit genügend Vorlauf reserviert werden.

Packliste

Jede Packliste ist selbsterklärend abhängig von den individuellen Bedürfnissen. Wie so oft gilt: je weniger, desto leichter, desto weniger Rücken-Aua. Alternativ könnt ihr einen Gepäckservice hinzubuchen und nur mit einem Tagesrucksack wandern.

Unsere Empfehlung:

  • Gutes Schuhwerk (Wanderschuhe + Wasserschuhe zum Furten)
  • Passender Rucksack mit Regencover
  • Wetterfestes Zelt (es kann ordentlich windig sein und sogar schneien)
  • Winterschlafsäcke (die Nächte sind wirklich sehr kalt)
  • Wanderstöcke (erleichtern das Wandern sehr)
  • Ausreichend Essen (unsere Tipps hierzu findet ihr weiter unten)
  • Wasser für einen Tag (in jedem Camp könnt ihr Wasser auffüllen)
  • Sonnencreme + Sonnenbrille (haben wir beides vergessen)
  • Powerbank (es gibt an den Zeltplätzen keine Möglichkeit, Handy und Co zu laden)
  • Warme Klamotten im Zwiebelschichten-Prinzip

Zeitraum

Die Haupt-Wanderzeit reicht von Mitte Juli bis Mitte September. Vorher und nachher muss man das Wetter genau im Blick haben und ggf. eine spezielle Ausrüstung dabei haben. Auch fahren die Hochlandbusse nicht das ganze Jahr über und auch die Campsites haben üblicherweise nur bis Ende August offen.

Gut zu wissen

  • Außer im Camp von Landmannalaugar gibt es auf dem Trek keine Möglichkeiten Müll loszuwerden. Beachtet also, dass ihr euren Abfall bis zum Ende mit euch tragen müsst.
  • Kleine Snacks könnt ihr in jedem Camp für ordentliche Preise kaufen 😉 Bier und Wein allerdings nur in Þórsmörk. Seit kurzem gibt es im Camp in Álftavatn ein kleines Restaurant. In der Zeit von 7 bis 23 Uhr (nur im Sommer) kann man dort Frühstück, Mittag- und Abendessen bekommen. 
  • Heiße Duschen gibt es mit Ausnahme vom Camp in Hrafntinnusker überall. Allerdings sind diese nicht im Preis mit inbegriffen.
  • Übernachtet ihr in einem Camp nicht, sondern macht nur eine kurze Pause? Dann fällt eine „Facility fee“ für die Nutzung der Sanitäranlagen und Sitzgelegenheiten an.

Laugavegur: Recherche und Vorbereitungen 

Schon bei unseren ersten Recherchen zu Island steht für uns sehr schnell fest, dass wir den Laugevagur-Trail erwandern möchten. Während Katha vor allem begeistert ist von der Idee, mit Zelt und Rucksack unterwegs zu sein, ist es für Christoph eher ein notwendiges Übel, diese grandiose Landschaft erleben zu dürfen. Als wir dann endlich auf Island sind, überlegen wir wann wohl der beste Zeitpunkt ist. Gar nicht so leicht, da ja auch noch viele andere Highlights auf uns warten. So lassen wir es zunächst auf uns zukommen, wann genau wir im Süden von Island ankommen werden und wir wanderfreundliches Wetter haben werden. Für die Variante mit den Hüttenplätzen ist es eh zu spät. Im Internet wird empfohlen, diese mindestens ein Jahr im Voraus zu buchen.

Im letzten Drittel unserer Island Zeit scheint dann alles zu passen. Wir sind in der Nähe, das Wetter soll auch im Inland ganz gut sein und wir haben richtig Bock. Los geht’s denken wir, aber ganz so einfach ist es dann irgendwie doch nicht. Entsprechend hoffen wir, dass euch dieser Erfahrungsbericht bei eurer Planung hilft 🙂

Laugavegur: Die Anreise

In Reykjavik informieren wir uns in einem Touristenbüro über die verschiedenen Anreise-Möglichkeiten zu unserem gewählten Startpunkt Landmannalaugar. Anfänglich haben wir ein leicht mulmiges Gefühl, unseren Van Knubbi vier Tage irgendwo stehen zu lassen. Aber dennoch wird uns schnell klar, dass es für uns am meisten Sinn macht, mit einem Hochlandbus zum Startpunkt der Wanderung zu fahren und vom Endpunkt wieder zurück. Unser Internetrecherche ein paar Tage später verläuft allerdings zunächst eher holprig. Wir finden auf der Website von icelandbybus.is Infos über die verschiedenen Busunternehmen und deren Routen bzw. Abfahrtzeiten. Allerdings ist die Buchungsfunktion defekt. Na toll.

Wir versuchen es immer wieder, aber es will einfach nicht klappen. Eine Telefonnummer gibt es natürlich auch nicht. Zwei Tage vor unserem geplanten Start werden wir allmählich nervös. Was ist, wenn wir kein Ticket mehr bekommen? Also nochmal das Internet durchforstet und fündig geworden. Beim Anbieter Reykjavik Excursions buchen wir schließlich die Hin- und Rückfahrt. Juhu! Uns fällt ein Stein vom Herzen und die Vorfreude steigt.

Der Tag davor

Da wir von den Westmännerinseln kommen, buchen wir die Busfahrt ab Hella. Das liegt nämlich in der Nähe des Hafens von Landeyjahöfn. Der „Busbahnhof“, es sind genau zwei Haltebuchten, liegt direkt an der Hauptstraße. Tankstelle und Einkaufszentrum nebenan. Sehr praktisch, weil wir bereits am späten Nachmittag des Vortages dort ankommen. Auch um Geld zu sparen, aber vor allem, weil der Bus morgens bereits um 9 Uhr losfährt, beschließen wir, direkt auf dem Long Term Car Park zu übernachten. Vielleicht nicht 100% legal, aber da hier ohnehin viele Camper längere Zeit stehen, wird die Übernachtung im Van schon nicht auffallen. 

Wir packen abends noch die Rucksäcke mit ausreichend Klamotten fürs Schichten, Kamera und Drohne, Powerbanks, Kocher und Zubehör, Zelt, Schlafsack und Isomatte. Dann bereiten wir unsere Mahlzeiten für 4-5 Tage vor. Fürs Frühstück mischen wir Haferflocken, Leinsamen, Nüsse und Trockenfrüchte mit einem Löffel Hafermilchpulver zusammen. Für das Abendessen gibt es Cappellini (die kochen nämlich nur 3 Minuten) mit Suppenpulver und Kartoffelpüreepulver mit getrockneten Zwiebeln und Beef Jerky Stückchen. Und der Clou: Alle Mahlzeiten packen wir in einzelnen Portionen in Zippbeutel, damit sie anschließend nur noch mit heißem Wasser übergossen werden müssen. Das stellt sich im Nachgang als wirklich platzsparend, entspannt und praktikabel heraus. Nüsse, Kräcker und eine Salami am Stück nehmen wir als zusätzliche Snacks für Zwischendurch mit. Auch 4 Äpfel gönnen wir uns. 

Als alles verstaut ist, die Anprobe: Puh. Leicht sind die Rucksäcke nicht und uns schwant böses 😀 Außerdem fällt uns erst jetzt auf, dass die Regencover für die Rucksäcke fehlen bzw. der eine, extra neu gekaufte, deutlich zu klein ist. Na toll, dann hoffen wir mal auf vier Tage Sonnenschein. Uns fällt nichts mehr ein, was wir da lassen könnten also heißt es: Ab ins Bett, Film gucken und versuchen, ein paar Stunden zu schlafen. Klappt vor Aufregung natürlich nur so semi-gut. 

Hat hier eine Bombe eingeschlagen? Ne, wir packen für den Laugavegur.
Zwar im Nieselregen, aber voller Tatendrang: Warten auf den Hochlandbus.

Laugavegur, wir kommen!

Am nächsten Morgen stehen wir dennoch trotz Nieselregen, gut gelaunt und voller Tatendrang am Bussteig und warten auf das kleine „Offraod-Monster“, was uns ins Innere von Island bringen soll. Der Bus ist tatsächlich bis auf den letzten Platz gefüllt. Wanderer wie wir, die mit fetten Rucksäcken bereit stehen, andere die definitiv den Gepäckservice gebucht haben, aber auch Tagestouristen. Denn viele fahren auch nur für einen Tag nach Landamannalaugar, um dort kleinere Wanderungen zu unternehmen und abends mit dem letzten Bus wieder zurück zu fahren. Die besten Jahre hat unser Bus auf alle Fälle schon hinter sich: Beinfreiheit und Sitzkomfort suchen wir vergebens. Egal – wir sind ja hier nicht auf einer Kaffeefahrt. 

Nach nur kurzer Fahrtzeit biegen wir schon auf eine F-Road ab und sehen spätestens jetzt ein, dass es gut war, Knubbi in Hella stehen zu lassen. Obwohl die Straße stellenweise noch asphaltiert ist, wackelt und ruckelt es schon richtig krass. Irgendwann fängt es an zu qualmen. Ob das nur der Staub im Bus ist der von außen hineinzieht? Wir sind uns nicht ganz sicher. Insgesamt brauchen wir für die Fahrt gute zwei Stunden. 120 Minuten, in den wir ordentlich durchgeschaukelt werden. Hier und da müssen wir einen Fluss durchqueren, aber das ist eher harmlos. Die Landschaft um uns herum entschädigt uns mit jedem gefahrenen Kilometer. Und irgendwann kommt auch die Sonne raus und wir bestaunen die Berge und Täler, an denen wir vorbeifahren. Katha klebt minutenlang vor der Fensterscheibe, nach einem Rums auch kurz an ihr, und beobachtet einen Reitertrupp. Wir sind uns sicher, dieser Trek wird der Hammer!

Laugavegur – Die Camps

Die erste Nacht verbringen wir in Hrafntinnusker. Definitiv das am wenigsten sexiest Camp auf dieser Wanderung. Wie wir später von Einheimischen hören, auch gerne mal mit „the worst place to stay for the night in Iceland“ betitelt. Höhenbedingt ist es hier bei unserer Ankunft schon schweinekalt und es geht ein heftiger Wind. Auch wenn es zumindest nicht regnet: angenehm ist anders. Duschen gibt es hier nicht. Die Toiletten stinken bestialisch. Eine Sitzgelegenheit für Wanderer mit Zelt gibt es zwar, aber die ist weder wind- noch regengeschützt. Wenn man Pech hat, steht oder sitzt man also im Regen und überlegt mit neidischem Blick spätestens dann, ob man nicht doch einen Hüttenplatz hätten buchen sollen.

Auch die Landschaft hier oben ist eher trist. Die Zelte werden auf Lavasteinboden aufgestellt. Immerhin bieten mehrere errichtete Steinkreise einen notdürftigen Schutz vor dem Wind, der hier oben ordentlich ist. Sehr ordentlich. Der Blick in die Ferne entschädigt, sofern der Nebel sie zulässt, aber etwas für den Rest. Schneebedeckte Hügel und Berge und eine schier unendliche Weite lassen uns den morgigen Tag noch mehr herbei sehnen.

In der zweiten Nacht schlagen wir unser Zelt in Álftavatn auf. Immer noch kalt und windig, aber beides etwas abgeschwächter als in Hrafntinnusker. Dafür ist das Camp deutlich schöner. Die Zeltwiese liegt an einem kleinen Bachlauf, mit Blick auf den wunderschönen Álftavatn-See. Die Toiletten sind völlig okay und für zusätzliche 500ISK kann man sogar heiß duschen. Wir sparen uns den Luxus. Ein Hoch auf Waschlappen und kaltes Wasser 😉 Auch ein kleines Restaurant gibt es hier. Die Volcano Huts haben das kleine Restaurant mit 24 Plätzen eröffnet. Eine Besonderheit auf dem Trek. Toll sind auch die vielen Möglichkeiten, sich windgeschützt oder in der Sonne auf den Holzveranden der Huts hinzusetzten. 

Unsere dritte und letzte Nacht verbringen wir in Botnar/Emstur. Auch hier gefällt es uns gut. Die Zeltplätze sind weitläufig verteilt und mit Holztreppen mit den Huts verbunden. Sogar ein Aufenthaltszelt für die Camper gibt es. Das nutzen wir gerne um zu Kochen und essen. Da wir früh da sind, suchen wir uns einen schönen Spot weiter unten an einem Bach. Eine Holzbank mit Tisch haben wir direkt vor dem Zelt. Auch hier kann man kleine Snacks und Getränke kaufen.

In Landmannalaugar haben wir nicht übernachtet. Hier gibt es ebenfalls ein Aufenthaltszelt und die Sanitäranlagen sind großzügig gestaltet. Auch hier kann man duschen. Die heißen Quellen weiter hinten im Camp sind definitiv ein Pluspunkt. Es gibt eine sehr kleine Info/Rezeption. Die Mitarbeiter dort sind sehr nett und helfen bei Fragen zur Planung der ersten Etappe. Der Zeltplatz ist bei unserer Ankunft schon relativ leer. Nicht besonders charmant, aber eben. Muss wahrscheinlich reichen.

Das wohl schönste Camp finden wir in Þórsmörk. Vielleicht gepusht durch das Hochgefühl, den Laugavegur geschafft zu haben und das tolle Wetter, was uns bei der Ankunft erwartet 😀 Das Camp ist sehr grün, liegt an einem Fluss und bietet sehr viel Platz für Zelte. Schöne Holzhütten runden das Bild ab. Außerdem werden wir von einer der geführten Wandergruppen mit Applaus begrüßt. So fühlen wir uns fast ein wenig wie bei der Ankunft in Santiago de Compostela nach dem Absolvieren des Jakobsweges. 

Da unser Bus am Camp Básar abfährt, können wir auch dieses noch bestaunen. Sehr weitläufig und sehr nett gestaltet finden wir. Es gibt eine große Holzscheune, in der für eine große Gruppe Buffet aufgebaut ist und Musik läuft. An der Rezeption kann man kühle Getränke kaufen. Wir finden später heraus, dass viele Einheimische sich hier gerne eine kleine Auszeit gönnen. Das erklärt die vielen isländischen Camper 😉 

Unsere Mini-Galerie

Laugavegur, Etappe 1: Landmannalaugar – Hrafntinnusker

Gegen halb zwölf kommen wir in Landmannalaugar an. Das Camp ist riesig und ordentlich trubelig. Während Katha schnell aufs Klo hüpft, studiert Christoph schon die Wanderkarte. Die Gegend um Landmannalaugar bietet neben der ersten Etappe des Laugavegur weitere Tageswanderungen. Entsprechend nutzen auch diverse Tagestouristen die Busse um eine der Rundwanderungen zu machen. Christoph schlägt vor, die – vermeintlich – relativ kurze erste Etappe um eine Wanderung zum Bláhnúkur zu ergänzen. Kurz am Info-Point gegengecheckt: die nette Dame findet die Idee super. Wir verlängern die erste Etappe so um ca. 1,5 Stunden, da beide Routen sich kreuzen.

Gesagt getan, die noch vollen Rucksäcke geschultert und um kurz vor zwölf geht’s dann endlich los. Nach einem kurzen Fußmarsch über die flache Ebene geht es eine gute Stunde den Berg Bláhnúkur hinauf. Mit 10-12 kg auf dem Rücken und bei Nieselregen eine erste echte Herausforderung. Katha ist froh um die Wanderstöcke, die eine riesige Entlastung sind. Das stellt sie vor allem fest, als Christoph die Teile ausprobiert. Nicht so sein Ding und so hat sie sie schnell wieder. Win-win! Endlich haben wir den Gipfel erreicht. Denkste. Der Nebel und Nieselregen haben den weiteren Abschnitt nach oben nur verdeckt. Vielleicht doch nicht die geilste Idee, direkt am Anfang die Strecke zu erweitern.

Also nochmal die Motivation sammeln und weiter geht’s. Nass und ziemlich durchgefroren sind wir dann irgendwann oben. Leider ist die Sicht zunächst eher enttäuschend. Wir können kaum die Hand vor Augen sehen, als wir uns an den Abstieg machen. Immerhin hat es mittlerweile aufgehört zu regnen. Doch wir haben Glück – nach und nach verzieht sich der Nebel und die zuvor nur erahnte Landschaft breitet sich vor uns auf. Es ist unbeschreiblich. Berge, Täler, Eisschichten, Wasserfälle und alles in den faszinierendsten Farben. Blau, grau, grün, schwarz, beige und rot. Am Ende sind wir doch froh, die elf km der ersten Etappe um fünf weitere ergänzt zu haben.

An Geothermal-Quellen vorbei stoßen wir dann wieder auf den eigentlichen Laugavegur. Zwischen Vulkan-Steinen hindurch geht es stetig bergauf und der Weg schlängelt sich durch wunderschöne Landschaft. Es bleibt trocken und trotz des gefühlt immer schwerer werdenden Rucksacks erreichen wir schnell das letztes Schild. Unser Ziel, Hrafntinnusker, soll nur noch 4,5 km weit weg sein. Das gibt Aufschwung und so maschieren wir gut gelaunt weiter. Leider zieht sich dieses letzte Stück wie Kaugummi. Katha ist bis heute der Meinung, dass das Schild uns angelogen hat oder verstellt wurde 😀 Irgendwann haben wir es aber geschafft und erblicken das Camp von Hrafntinnusker. Wir freuen uns auf etwas warmes zu Essen und vor allem den Rucksack abzulegen.

Unten angekommen checken wir ein, ziehen uns warme und trockene Klamotten an. Dann bauen wir unser Zelt in einem der vielen Steinkreise auf, die als Windschutz dienen sollen. Denn hier oben weht ein recht stattlicher Wind und wir sind von schneebedeckten Bergen umgeben. Der Zeltaufbau, den wir wir natürlich im Vorfeld nicht ein einziges mal ausprobiert haben, führt kurzzeitig zu kleineren Diskussionen 😉 Aber nach einiger Zeit steht das Ding, die Luftmatratzen sind aufgeblasen und das Gepäck im Vorzelt verstaut. Katha ist auf alle Fälle ziemlich vom neu erworbenen Zelt und den Matratzen begeistert! Anschließend machen wir uns etwas zu essen, quatschen kurz mit anderen Wandersleuten, die allerdings einen Platz in der Hütte gebucht haben und verschwinden dann früh im Zelt. Und nein, nicht weil es so schön gemütlich oder besonders romantisch ist sondern schlicht aus dem Grund, dass es mittlerweile arschkalt geworden ist und wir nicht wissen was wir sonst machen sollen.

Und so liegen wir bereits gegen 20:00 Uhr im Bett. Wärmer wird es hier irgendwie nicht und Christoph fühlt sich bestätigt: Fürs Zelten ist er einfach zu alt. Während eines Hörspiels schlafen wir irgendwann ein. Aber nur bis ca. 23 Uhr, als Katha aus dem Zelt kriecht. Sie muss aufs Klo. Natürlich. Es ist so kalt und so neblig, dass Christoph mit raus muss und ihr mit seinem Feuerzeug den Weg zurück zum Zelt weist. Gruselig. Zurück im Zelt erwartet uns dann eine erholsame und warme Nacht. Nicht. Hach, sind Zeltwanderungen nicht traumhaft?! 🙂

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Laugavegur, Etappe 2: Hrafntinnusker – Álftavatn

Nach einer arschkalten und nicht wirklich erholsamen Nacht, quälen wir uns gegen 8 Uhr aus dem Zelt. Unser Frühstück bereiten wir auf den noch nassen Sitzbänken oben an den Hütten vor. Dort wimmelt es schon von Teilnehmer*innen einer geführten Tour. Alle in bester Laune, schöne kleine Tagesrucksäcke auf den Schultern und offenbar gut gewärmt. Ein wenig Neid kommt auf.

Gegen 9:40 Uhr hieven wir unser Gepäck auf die steifen Rücken. Was hilft es? Wir müssen weiter. Das Wetter ist immer noch nicht so toll, aber es bleibt immerhin trocken und der Weg ist wesentlich leichter. Es geht stetig bergab, den höchsten Punkt des Laugavegur haben wir mit dem gestrigen Tag geschafft. Und die Landschaft entschädigt für die Strapazen der Nacht und ist auch heute wieder unbeschreiblich schön.

Wir überqueren Schneefelder, die mit teilweise riesigen Löchern den Abenteurer in uns wecken. Was passiert wohl, wenn man dort hineingerät? Auf alle Fälle sollte man wirklich vorsichtig sein und nicht vom Weg abkommen. Wenig später erklimmen wir einen Kamm und schauen ins Tal von Álftavatn. Wie bestellt, lichtet sich genau in diesem Augenblick der Nebel, der uns die ganze Zeit begleitet. Vor uns eröffnet sich ein Anblick wie aus einem Fantasy-Film oder einem Ölgemälde –  unwirklich, surreal, aber unbeschreiblich schön.

Wir nutzen Wetter und Ausblick und machen eine ausgiebige Mittagspause. Wir können uns gar nicht sattsehen. Irgendwann wird uns dann doch etwas kalt und wir machen uns an den Abstieg. Unser erstes Furten auf diesem Trek steht an. Schuhe aus, Wasserschuhe an und zack ins kalte Wasser. Aber es ist nicht tief und die Wanderer auf der anderen Seite feuern uns an. Ein kleines Zusammengehörigkeitsgefühl ist schon nach dieser einen Etappe entstanden.

Im Camp Álftavatn angekommen scheint sogar etwas die Sonne. Es ist zwar ziemlich windig, aber es gibt genügend windgeschützte Ecken. Wir bauen das Zelt unmittelbar an einem Bachlauf zwischen den vielen anderen auf. Mit Blick auf den See erleben wir schließlich einen unglaublichen Sonnenuntergang. Nebenan kämpfen drei Jungs mit ihrem Zelt und hören kölsche Musik. Das Abendessen gibt es heute im Vorzelt, da ist es nicht so windig und mittlerweile auch ganz gemütlich. Auch an diesem Tag geht es schon früh ins Bett, mit Vorfreude auf morgen.

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Laugavegur, Etappe 3: Álftavatn – Botnar/Emstur

Wir wollen ehrlich sein: auch diese Nacht war unfassbar windig und, Überraschung, scheiße kalt 😀 Wir sind aber trotzdem gut drauf, die Sonne scheint. Frühstück gibt es wieder im Zelt. Katha liebt es, einfach richtig heimelig. Das tolle Wetter lässt uns motiviert alles packen und an der Rezeption informieren wir uns über die beiden Möglichkeiten zum nächsten Camp zu wandern. Auf einer Infotafel entdecken wir nämlich einen alternativen Weg um den See. Allerdings ist diese Idee schnell wieder vom Tisch. Die nette Dame an der Rezeption erzählt uns, dass man auf diesem Weg furten muss. Und zwar bis knapp unters Kinn. Äh, okay?! Nein, danke.

Wir gehen dann doch lieber den klassischen Weg. Auch hier muss zweimal gefurtet werden – einmal durch knietiefes Wasser. Aber wir fühlen uns schon wie Profis, alles kein Problem. In Summe ist diese Etappe für uns eher langweilig. Es geht eigentlich die gesamte Zeit durch eine ziemlich eintönige Aschewüste, die Emstur-Wüste. Immerhin scheint die Sonne, das Furten bringt ein wenig Abwechslung und wir machen eine Mittagspause auf einer Brücke in der Sonne.

Vielleicht liegt es an deutlich weniger Fotospots: wir sind heute recht zügig unterwegs – schon um 15 Uhr erreichen wir Botnar/Emstur. Eigentlich perfekt, so haben wir nämlich noch viele Optionen bei der Wahl des Zeltplatzes. Wir finden den perfekten Ort etwas weiter unten an einem kleinen Bachlauf. Neben uns eine Holz-Tisch-Bank. Wir quatschen mit zwei jungen Wanderern, die den Laugavegur mit den Fimmvörðuháls Trek gestartet sind. Was sie nicht wussten: am geplanten Ziel ist kein Campen möglich. Also mussten sie unvorbereitet die gesamten 24km bis nach Þórsmörk laufen. Eine ziemliche Herausforderung, wie sie uns erzählen 😉 

Wir genießen noch einen Kaffee und Tee in der Sonne und beschließen noch eine kleine Abendwanderung zu unternehmen. Wir entscheiden uns für einen Rundwanderweg, der uns an den Rand der Schlucht von Markarfljótsgljúfur führt. Unglaublich die Sicht hier. Wir verstehen gar nicht, warum wir von der Schlucht auf den letzten Kilometern der heutigen Etappe nichts erahnen konnten. Aus der kleinen Wanderung werden dann doch gut 1,5 Stunden aber wir sind extrem froh, sie noch gemacht zu haben. Wir kochen noch schnell, tauschen uns mit den mittlerweile angekommenen Mitwanderern aus und verschwinden im Zelt.

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Laugavegur, Etappe 4: Botnar / Emstur – Þórsmörk

An die Nächte haben wir uns mittlerweile gewöhnt und mit jedem Höhenmeter weniger wird es etwas wärmer. An diesem Morgen gönnen wir uns daher einen kleinen „sleep in“. Die Sonne ist schon früh da und wärmt das Zelt schnell auf. Komisch und gleichzeitig erleichternd, dass es die letzte Nacht im Zelt war. Wir gehen es heute morgen etwas langsamer an. Schließlich kommt unser Bus erst um 20 Uhr und wir haben den ganzen Tag Zeit. Also frühstücken wir in Ruhe in der Sonne, packen unsere Sachen und beobachten die anderen Wanderer beim Zeltabbau und Aufbruch. 

Gut gelaunt brechen wir gegen 10 Uhr auf. Die letzte Etappe zeigt sich sehr abwechslungsreich. Zu Beginn führt die Strecke in die steile Schlucht des Flusses Syðri-Emstruá und wieder hinauf. Der Weg ist hier teilweise mit Drahtseilen gesichert, die wir aber nicht brauchen. Anschließend wird die Umgebung hügelig. Es geht mal rauf und mal runter. Mehrmals werden wir von einer Gruppe von Joggern überholt. Verrückt! Ob die wohl für den Marathon trainieren? Wir machen artig Platz und applaudieren, wenn eine anspruchsvolle Passage im Laufschritt bewältigt wird. 

Als wir schon das bewaldete Tal von Þórsmörk sehen, treffen wir das deutsch-australische Paar Nadja und Andrew wieder. Wir laufen ein gutes Stück zusammen und verbringen eine ausgedehnte Lunchbreak zusammen. Kurz nach der Flussüberquerung der Þröngá verändert sich die Landschaft erneut. Das Tal von Þórsmörk ist vor allem im Vergleich zur dritten Etappe eine richtige Oase. Birken, Wiesen und Blumen und ganz viel Grün. Irgendwann nehmen wir Abschied von Andrew und Nadja und laufen weiter bis zum Campingplatz von Langidalur.

Der Campingplatz von Langidalur stellt unserer Ansicht nach alle anderen Camps in den Schatten. Das Gelände ist weitläufig, grün, leicht hügelig und direkt neben einem Bachlauf. Als wir dort ankommen, werden wir von einer der geführten Wandergruppen mit Applaus begrüßt. Ein cooles Gefühl, auch wenn wir leider noch 3km weiter zur Hütte von Básar laufen müssen. Dort kommt um 20 Uhr unser Bus nach Hella –  dass dieser auf der Rückfahrt auch in Langidalur hält, wussten wir zum Zeitpunkt der Buchung nicht. Also quälen wir uns den weniger schönen und sehr steinigen Weg durch ein Flussbett, bevor wir endlich in Básar ankommen. Wir haben es geschafft!!!Wir sind KO aber glücklich. Stolz und überwältigt. 

Die Campsite dort ist riesig. Ebenfalls sehr schön und anscheinend ein beliebtes Ausflugsziel für Isländer selbst. Wir kochen vor Ort noch eine Kleinigkeit, dann können wir schon in den Bus steigen. Die Rückfahrt rüttelt uns dann nochmal richtig wach. Eine ältere, lustige und gut gelaunte Frau steuert das Ungeheuer von Bus durch stellenweise wirklich heftige Furten. Bei einem tollen Sonnenuntergang und ordentlich Geruckel geht unser Abenteuer Laugavegur langsam zu Ende. In Hella wartet unser Knubbi auf uns, in den wir auch mehr oder weniger direkt hineinfallen. Keine 10 Pferde lassen uns heute noch irgendwohin laufen oder fahren. 

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Unser Fazit

Unser Fazit zum Laugavegur in zwei Worten: Macht es! Wann hat man die Chance, in überschaubarer Zeit über Eis und Asche, durch Vulkanlandschaft und dampfende Quellen, vorbei an unbeschreiblicher Landschaft zu wandern? Ja, der Trek ist kein Geheimtipp mehr und somit gut besucht. Aber die Wanderer verteilen sich auf der Strecke sehr gut.

Wir sind viel des Weges alleine unterwegs, finden es aber auch schön, immer wieder auf die gleichen Menschen zu treffen, sich in den Camps auszutauschen oder vielleicht auch ein Stück zusammen zu gehen. Auch wenn die Kosten für die Busfahrt und die Übernachtungen recht ordentlich sind, würden wir es jederzeit wieder machen. Dann allerdings mit dickeren Schlafsäcken und dem ein oder anderen dickeren Pullover 😉

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6 Antworten
  1. Elke Bremer

    Sehr wehmütig habe ich mir alles angeschaut. Im Sommer 2000 bin ich den Laugavegur gegangen. Wir hatten damals eine Besonderheit im Programm: von Þórsmörk sind wir über den Fimmvörðuháls Trail (mit Übernachtung am Fimmvörðuháls) bis nach Skogar gewandert. Ein grandioser Abschluss der Tour.

    1. Liebe Elke. Wow, Respekt. Das war sicher traumhaft. Wir wären die Verlängerung auch sehr gerne gewandert, aber es hat zeitlich leider einfach nicht hingehauen. Wie lange warst du insgesamt unterwegs? Fünf Nächte?

    2. Da muss ich dir recht geben, Elke. Die Erweiterung der Tour Richtung über den Fimmvörðuháls Richtung Skogafoss lohnt sich. Wir hatten zwar entsetzlichen Nebel auf dem Gipfel und es war auch anstrengend. Der Abstieg entlang der Wasserfälle hat aber für alles entlohnt!
      lg. Stefan

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