Als Aschewolken den Flugverkehr lahm legten

Fast jeder erinnert sich an den gewaltigen Vulkanausbruch in Jahre 2010, der zwischenzeitlich fast den gesamten Flugverkehr in Europa zum Erliegen brachte. Spätestens seit dem Ausbruch des unaussprechlichen Eyjafjallajökull ist jedem bekannt, wie präsent die ca. 130 Vulkane auf Island sind. Seit Ewigkeiten vergeht kein Jahrzehnt mehr, in dem keiner von ihnen ausbricht. Meradalir.

So auch am 19. März 2021, als auf der Halbinsel Reykjanes ein Vulkan ausbrach. Der Vulkan hat bis heute keinen offiziellen Namen und wird meist nach dem Tal Geldingadalir oder dem Bergmassiv Fagradalsfjall gerufen. 

Meradalir – Die Erde bebt erneut

Und jetzt wird die Geschichte spannend: nach ein paar Vorzeichen wird es am 30.07. diesen Jahres erneut unruhig auf Island. Mehrere Erdbeben erschüttern die Insel und gipfeln in einem der Stärke 5,4 zwei Tage später. Experten warnen vor einer möglichen Eruption. Und das genau zehn Tage vor unserer Ankunft! Wir werden doch nicht ernsthaft einen Vulkanausbruch auf Island miterleben dürfen? Wie grandios wäre das denn?

Und dann ist es tatsächlich am 03.08. um 13:15 Uhr soweit. Wieder spuckt die Erde Lava. Wieder auf Reykjanes – ganz in der Nähe der Eruption vom Vorjahr. Dieses Mal im Nachbartal, welches dem Vulkan seinen Namen gibt: Meradalir. Und wieder scheint es ein recht kontrollierter Ausbruch zu sein, ohne große Gefahr für Land und Leute. Oder wie die Isländer es nennen: ein Touristenvulkan.

Vor allem Christoph verfällt in nervöse Vorfreude. Sehr wahrscheinlich wird der Vulkan bei unserer Ankunft noch aktiv sein und wir werden mit etwas Glück die Chance haben, ihn per Wanderung zu erreichen und live aus nächster Nähe bestaunen zu dürfen. Das muss klappen!!!!

Erstmal ruhig Blut!

Dummerweise kommen wir exakt auf der anderen Seite der Insel an. Über die Ringstraße sind es in beide Richtungen über 8h Fahrt bis zum Parkplatz, der zum Vulkan führt. Um wie geplant die komplette Ringstraße zu fahren, müssten wir demnach knapp 1400 km Umweg fahren, wenn wir den Vulkan direkt ansteuern würden. Bei den Benzinpreisen auf Island: uff.

Christoph recherchiert, liest Facebook Gruppen hoch und runter. Da der durchaus als sehr anspruchsvoll geltende Weg zum Meradalir-Vulkan – es ist knapp doppelt so weit wie zur Ausbruchstelle des Vorjahres – nach und nach von Freiwilligen geebnet und markiert wird, entscheiden wir uns zunächst unseren ursprünglichen Plan zu verfolgen: die Insel gegen den Uhrzeigersinn zu befahren und die diversen Highlights auf und abseits der Ringstraße in Ruhe mitzunehmen.

Wir können (es) nicht mehr (er)warten

Und obwohl sich Christoph extrem zusammenreißt, soll es genau vier Tage dauern, bis wir den Plan wieder über Bord werden. Was ist wenn der Vulkan aufhört zu spucken? Was ist wenn das Wetter so schlecht wird oder der Wind dreht, sodass ein Besuch nicht mehr möglich ist? Tatsächlich wurde die Route zwischenzeitlich bereits für einige Stunden gesperrt. Also Wetter und Bedingungen gecheckt für die nächsten Tage (hier können wir euch die isländische Wetterseite vedur.is und die Seite safetravel.is wärmstes empfehlen). Ergebnis: Wetter gut, Bedingungen gut, Bilder vom Vulkan: atemberaubend. Und so beschließen wir am 14.08. am Hrútafjörður, die Route zu unterbrechen und die drei Stunden zum Vulkan zu fahren.

Meradalir, wir kommen!

So kommen wir am 15.08. am Nachmittag am eigens eingerichteten Parkplatz an. Der Weg ist einfach zu finden und problemlos befahrbar. Alles ist super organisiert. Der Parkplatz ist riesig. Nicht ohne Grund, denn es gehen mehrere 1000 Menschen pro Tag zum Vulkan. Per Schild und QR Codes wird man aufgefordert, 1000,- ISK fürs Parken zu bezahlen. Das Ticket gilt für 24h und die Einnahmen fließen in die Verbesserung der Infrastruktur und Sicherheit sowie die Wartung des Parkplatzes und der Wege. Eine wirklich tolle Sache. Wir sind schon jetzt begeistert, mit welcher Selbstverständlichkeit und teils ehrenamtlichen Einsatz die Isländer dieses Spektakel möglichst vielen Menschen zugänglich machen.

Während die Scharen an Besuchern zum Vulkan aufbrechen und einige bereits zurückkehren, gehen wir es ruhig an. Christoph will den Vulkan unbedingt sowohl im Hellen als auch im Dunkeln bestaunen und so planen wir, gegen 18 Uhr aufzubrechen. Wir packen unsere Sachen (Essen, ein Kocher für Tee und Kaffee, genug Wasser, Stirnlampen, Sonnenbrille, Halstuch, mehrere Schichten warme Kleidung, Mülltüte und natürlich Kamera, Drohne und volle Powerbanks) und stapfen bei Sonnenschein und voller Vorfreude los.

Glücklich, gut vorbereitet und mit doofer Frisur geht es los.

Unsere Mini-Galerie

Mit Sack und Pack zum Meradalir Vulkan

Nach ca. 45 min passieren wir den Lavastrom aus dem Vorjahr. Schon das ist extrem imposant. Ähnlich imposant sind die zahlreichen freiwilligen Helfer, welche die Strecke mit Quads patroullieren, den Weg ebnen und so gut es geht ausleuchten. Irgendwann passieren wir sogar drei kleinere Bagger – verrückt. So kommen wir gut voran und finden den Weg deutlich weniger beschwerlich als angekündigt. Irgendwann sehen wir dann auch die ersten Rauchschwaden und ein leichtes Glühen am Himmel. Es scheint nicht mehr weit zum Meradalir.

Nach einer guten halben Stunde wird es etwas steiler. Hier versammeln sich die ersten Autos der größtenteils freiwilligen Helfer.

Unsere Mini-Galerie

Und dann steht er vor uns

Nach 1h 45min Fußmarsch ist es dann soweit: erst kurz vorm Ziel passieren wir eine kleine Anhöhe und sehen ihn zum ersten Mal: den Meradalir Vulkan. Es ist ein unbeschreiblicher Moment. Mit offenen Mündern stehen wir da. Es ist wunderschön und surreal zugleich. Wir fühlen uns wie kleine Kinder, die zum ersten Mal Schnee sehen. Diese Kraft, mit der Lava aus den Magma-Kammern in die Luft geschleudert wird, ist einfach atemberaubend. Mit einem fetten Grinsen im Gesicht suchen wir uns einen Platz. Südlich des Vulkans befindet sich eine Anhöhe, auf der sich bereits etliche Menschen tummeln. Fotografieren, ihre Drohne steigen lassen oder einfach nur da sitzen und gebannt auf den Krater und die Lavaflüsse schauen. Alle hier fühlen hier vermutlich das selbe und so entsteht trotz der Massen eine angenehme Stimmung. Man fühlt sich im Stillen verbunden.

Christoph schießt fleißig Fotos und lässt dann auch seien Drohne steigen, nachdem er auf dem schiefen Berg einen kleinen Landeplatz arrangiert hat. Etwas mulmig ist ihm schon. In jedem Moment unseres Aufenthaltes sind mindesten 10 Drohnen gleichzeitig am Himmel. Und dann ist da noch die Sache mit der Lava. Über dem Krater sind es gerne mal 1000° und Flüge über 120m Höhe sind verboten. Entsprechend hält er lieber genug Abstand zum Krater und zu anderen Drohnen, damit unsere nicht so endet wie viele andere. Was einige Wracks auf der erkalteten Lava bezeugen.

Das obligatorische Selfie darf auch nicht fehlen.

Galerie – Meradalir im Dunkeln

Erst im Dunkeln zeigt er seine wahre Pracht

Anschließend kochen wir uns Tee und Kaffee. Die Idee, den Kocher mitzunehmen war wirklich Gold wert. Denn hier oben ist es auch schon vor Sonnenuntergang extrem kalt. Immer wieder die Blicke auf die Lava gerichtet, die sich neue Wege durch das Tal sucht oder kleine Stücke, die vom Kraterrand abbrechen. Als wäre es nicht schon traumhaft genug, geht der Mond direkt hinter dem Vulkan auf und der Anblick wird mit jedem schwindenden Sonnenstrahl nochmal beeindruckender. Erst im Dunkeln wird das gesamte Ausmaß der Lavaströhme durch das rote Glühen sichtbar. Und auch wie gefährlich es ist, auf die scheinbar erkalteten Lava zu klettern, was auch bei unserem Besuch wieder ein paar Halbintelligente Menschen meinen, machen zu müssen.

Galerie – Meradalir im Dunkeln

Die Kälte zwingt uns zurück

Gegen 0:30 Uhr verlassen wir diesen magischen Ort. Auch wenn wir noch stundenlang hier bleiben könnten – es wird von Minute zu Minute eisiger und auch das Rumhüpfen zum sporadischen Aufwärmen ist irgendwann keine Hilfe mehr. Christoph schießt ein paar letzte Fotos bevor wir uns in das Lichtermeer aus Stirnlampen einreihen. Einen Vorteil hat es: Bei solchen Menschenmengen ist der Weg leicht zu finden. Durch die Bewegung wird uns etwas wärmer und vermutlich sind wir dadurch auch etwas flotter unterwegs. Nach 1,5 Stunden erreichen wir bereits Knubbi. Der Parkplatz ist mittlerweile deutlich leerer und wir beschließen, die Nacht hier zu verbringen. Überglücklich aber auch platt von den Eindrücken fallen wir nach ein paar wärmenden China-Instant-Nudeln ins Bett. Wir sind beseelt und fühlen uns sehr privilegiert, dass wir dieses unbeschreibliche Naturphänomen aus nächster Nähe miterleben durften. Meradalir: we will never forget!

Funfact: bereits vier Tage nachdem wir dort waren, am 19. August, ließ die Eruption stark nach und zwei Tage später trat keine Lava mehr aus. Wir haben also alles richtig gemacht und empfehlen euch auch, im Fall der Fälle nicht zu lange zu warten.

Meradalir aus der Vogelperspektive

Natürlich haben wir auch ein paar Aufnahmen aus der Vogelperspektive gemacht. Aus verschiedenen Gründen ganz schön aufregend. Zum Einen, weil zu jedem Zeitpunkt ca. 15 Drohnen gleichzeitig in der Luft waren. Und zum Anderen, weil bei einem direkten Flug über die Lava die Wahrscheinlichkeit, dass die Drohne schmilzt, relativ hoch ist. Was wir dann auch gelassen haben. Wir finden, die Aufnahmen können sich dennoch sehen lassen. 

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2 Responses
  1. Nico

    Unglaublich, das aus nächster Nähe mal miterleben zu können!!!
    Traumhaft, völlig beeindruckend und unfassbar schön!!!

  2. Ralph

    Da wird einem ganz anders bei diesen unglaublichen Eindrücken! Wäre ich doch nur dazugestossen! Grosses Kino uns super anschaulich geschildert!!

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